Sie haben die Vermutung, dass jemand eine narzisstische Persönlichkeit besitzt?
TEST
Hinweise auf narzisstische Persönlichkeiten
30 Min.
DOKU - FOLGE 1
Narzissmus und Gesellschaft
30 Min.
Der Narzissmus ist eine starke Selbstverliebtheit oder auch Eitelkeit. Narzissten sind ständig auf der Suche nach Bewunderung und haben gleichzeitig eine enorme Angst vor Kränkung, was sie oftmals unberechenbar in ihren Reaktionen macht.
Nach Expertenmeinung ist die aktuelle Struktur der Gesellschaft ein Nährboden für narzisstische Verhaltensweisen, denn wenn man Erfolg haben will, braucht man gewisse narzisstische Eigenschaften. Eine mögliche Ursache dieser Störung können bestimmte elterliche Erziehungsmuster sein, etwa eine übertrieben starke Bevorzugung in der Kindheit bzw. eine übermäßige Leistungsfokussierung durch die Eltern.
Wenn Eltern ihrem Kind immer wieder vermitteln, dass es besser ist als andere oder mehr wert ist als seine Mitmenschen, dann wird das Kind diese Haltung übernehmen und eine unangemessene Anspruchshaltung verbunden mit Tendenz zum Narzissmus entwickeln. Aber auch wenn Eltern sehr wenig auf ihr Kind eingehen und ihm nur dann Beachtung schenken, wenn es etwas Besonderes geleistet hat, z.B. sehr gute Noten in der Schule hat, kann dies zu einer übergroßen Leistungsorientierung führen, wobei das Gefühl entsteht, selbst wenig Wert zu sein und nur durch auffallenden Leistungen oder zumindest das besondere Hervorheben der eigenen Erfolge Anerkennung zu erhalten. Vor allem zu hohe Anforderungen an Kinder und Jugendliche bei fehlender emotionaler Unterstützung begünstigen narzisstische Eigenschaften, aber auch später kann auch eine starke Erfolgsorientierung in der Arbeitswelt den Narzissmus befördern, wobei vor allem Anforderungen an Führungskräfte oft jenen Kriterien ähneln, die einen Narzissten ausmachen: von sich übermäßig überzeugt zu sein.
Merkmale von Narzissten sind oft Gefühle besonderer Wichtigkeit, Überlegenheit, Einzigartigkeit oder gar Grandiosität, d. h., ein Narzisst fordert Anerkennung und Bewunderung, häufig auch, dass er besser behandelt wird. Betroffene können mit Kritik oder ausbleibender Anerkennung schlecht umgehen und reagieren diesbezüglich oft unbeherrscht, teils auch mit starker Niedergeschlagenheit. Typisch für die meisten Narzissten sind Probleme, sich in ihre Mitmenschen hineinzuversetzen, deren Sichtweise zu verstehen und zu akzeptieren. Dabei ist ein selbstverliebter Mensch, der vielleicht häufig großspurig auftritt, nicht automatisch krank, denn ein gesunder Narzissmus gehört zum Menschen dazu, doch wenn normale Eigenschaften ein krankhaftes Ausmaß annehmen, ist jemand von der narzisstischen Persönlichkeitsstörung betroffen. Maßstäbe sind unter anderem Größengefühl, Erfolgsphantasien, Neid oder das Ausnutzen anderer, wobei für eine positive Diagnose das Verhalten der Betroffenen dauerhaft von der Norm abweichen muss.
Nach Millon & Davis haben manche Menschen in ihrer frühkindlichen Entwicklung unzureichende Liebe und Anerkennung von ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen erhalten, sie leiden oft lebenslang darunter und geben ihre Reaktionen auf ihre Entbehrungen an andere weiter. Narzissten sind oft Meister darin, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen, sie sind meist sehr kontaktfreudig und beim Kennenlernen äußerst erfolgreich und werden von den anderen in einer Gruppe oft als natürliche Anführer wahrgenommen und auch akzeptiert, was dem Naturell des Narzissten natürlich entgegenkommt. Viele Narzissten haben in ihren Karrieren Erfolg, was mit ihrer Kommunikationsstärke und Offenheit zu tun hat, aber auch mit der Durchsetzungskraft und Leistungsbereitschaft. Sie sind in ihrem Beruf sehr leistungsorientiert und manchmal auch kreativ, schreiben sich dann allerdings auch oft den Erfolg eines ganzen Teams nur sich selber zu, was andere vor den Kopf stoßen kann, denn Narzissten betonen ständig ihre Überlegenheit und beuten manchmal andere für ihren eigenen Erfolg aus. Allerdings haben Narzissten auch ein ziemlich ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis und fühlen sich in der Beziehung bereits bedroht, wenn das geringste Zeichen an Desinteresse an ihrer Person auftritt. Narzissten benötigen daher ständige Achtung, Wertschätzung und Beachtung, wobei auch die anderen Ansprüche an das Leben groß sind.
Sie wollen nicht von anderen Menschen gestört oder belästigt werden, denn sie denken, wie kann man eine wichtige Person mit solch unwichtigem Kram belästigen. Das Zusammenleben mit Narzissten ist daher sehr anstrengend, sie pressen Anerkennung und Lob aus der Partnerin oder dem Partner heraus, denn für sie ist der Mitmensch in erster Linie ein Instrument, um Anerkennung zu erhalten. Beziehungen mit für unwichtig gehaltenen Mitmenschen oder Arbeitskollegen gelangen dann in untergeordnete Positionen auf der Rangliste eines Narzissten, was auch Familienangehörige betreffen kann.
Weiblicher Narzissmus
Nach Untersuchungen zeigt sich der weiblichen Narzissmus verdeckter, denn er äußert sich in Perfektionismus, Leistungsdruck und einem extremen Schönheitsideal. Während narzisstische Männer sich fast immer als grandios empfinden, schwanken Frauen häufig in ihrem Selbstwert hin und her zwischen Überschätzung und Minderwertigkeitsgefühlen, wobei der Kern des männlich-offenen und weiblich-verdeckten Narzissmus aber gleich ist, denn das ganze Leben soll sich nur um die eigene Person drehen. Narzisstische Frauen wollen immer herausfinden, wie gut sie ankommen, d. h., wenn ihnen ein Auftritt gelingt, fühlen sie sich als die Tollsten, die Besten, die Schönsten. Sie glauben, dass sie nur gemocht werden, wenn sie etwas Besonderes sind, wobei die äußere Fassade ihnen extrem wichtig ist, also Schönheit, Schlankheit, Jugendlichkeit, alles muss perfekt sein. Bei Frauen schlägt dieses Gefühl jedoch schnell in Minderwertigkeit um, wenn sie nicht bestätigt werden oder sogar Kritik ernten. Im übrigen wird weiblicher Narzissmus sehr häufig von Essstörungen begleitet.
Eine Therapie kann Betroffenen helfen, wobei in dieser am Verhalten gearbeitet wird und nach der Ursache der Persönlichkeitsstörung gesucht wird. Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung kommen häufig aber gar nicht auf die Idee, dass sie eine Therapie brauchen, denn sie erleben sich als jemand, der unfehlbar ist und keine Hilfe braucht.
Verwendung der Literatur mit freundlicher Erlaubnis von: Stangl, W. (2018) Stichwort: 'Narzissmus'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. lexikon.stangl.eu/307/narzissmus/